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Zeitmangel
Als ständig gehetzter und oft unkonzentrierter Mensch wurde ich jüngst auf eine Artikelserie in einem Drogeriemagazin aufmerksam, die sich um Zeitmangel drehte.
Der Autor Wolfgang Held stellt eingangs fest, dass im Laufe der Jahrhunderte die Wochenarbeitszeit sank, wir aber trotz vieler zeitsparender Maschinen und mehr Freizeit uns nicht so fühlten, als hätten wir ein Übermaß an Zeit zur Verfügung. "Wir sind Zeitmillionäre und fühlen uns als Zeitbettler."
Er macht 3 Ursachen dafür aus:
1. Unkonzentriertheit. Da fühlte ich mich wie erwischt. Dinge nur mit halber Aufmerksamkeit zu tun oder sogar am besten noch gleichzeitig, bringen nicht wirklich gute Ergebnisse. Stapel unerledigter Sachen (ungelesene Bücher und Zeitungsartikel, Bügelwäsche, Steuererklärung, etc.) ziehen unsere Aufmerksamkeit ab. Nicht nur als Feng Shui-Beraterin ist mir bekannt, wieviel Energie man immer wieder aufbringen muss, sich auf das aktuelle Projekt zu konzentrieren angesichts dieser Erledigung verlangenden Dinge. Ein Grundsatz ist im Feng Shui darum: Erst ausmisten, entrümpeln und aufräumen, bevor man an die Gestaltung eines Objekts geht.
2. Stress. Ein etwa 20-30x am Tag gebrauchtes Wort - aber was ist das? Wolfgang Held erweitert mal eben die Allgemeinbildung: "Der österreichische Arzt Hans Selye (1907 - 1982) ist der Erfinder des Begriffes "Stress". Er entdeckte, dass Tier und Mensch auf eine plötzliche Veränderung der Umgebung in drei Stufen reagieren." Unabhängig von der konkreten Störung beginnt die Alarmphase mit der Wahrnehmung der Veränderung. Dabei sinkt die Konzentrationsfähigkeit zugunsten der Sensibilität für weitere Veränderungen. In der zweiten Phase wächst Widerstand. Körper und Seele sind herausgefordert und versuchen der neuen Lage entgegenzutreten. In der dritten Phase kann diese Aktivität in Erschöpfung umkippen, wenn die Veränderungen, die das Leben bereithält, als Bedrohung erlebt werden.
An dieser Stelle kommt unser persönlicher Stresslevel ins Spiel: Von unserer Haltung zur Welt hängt ab, ob wir Veränderungen noch als positiven Stress (Eustress) oder als destruktiven (Disstress) empfinden.
Beispiel: Werden meine Wochenendpläne durch die Anfälle meines Sohnes über den Haufen geworfen und binden mich quasi an die Waschmaschine (zur Erklärung: wegen viel eingenässter Wäsche, was epileptische Anfälle so mit sich bringen können), bin ich erst mal im Disstress.
Lerne ich einen neuen Typen kennen, der allerhand Ideen hat und mein Leben auf den Kopf stellt, sind diese Dinge, die an mich herangetragen werden, willkommen und ich befinde mich im Eustress. Oder der Klassiker: Solange die Geliebte nicht soviel Druck macht und keine Änderung der Verhältnisse einfordert, ist der Mann für diesen Terminstress sehr offen. Will sie aber, dass er sich von seiner Partnerin trennt, dann ist das ganz schnell Disstress.
Mit meinen Worten würde ich es so ausdrücken: Blühe ich durch allerlei Veränderungen geradezu auf und erhalte Energieschübe bis hin zu ganz vielen neuen Ideen, ist das ganz toller Stress.
Schlägt aber "gefordert sein" in "überfordert sein" um, dann haben wir den Salat.
3. Mangel an Liebe. Äh - was hat das denn mit Zeitmangel zu tun? Liebe als universelle Antwort auf alles?
Nochmal was für die Allgemeinbildung von Held: "Dem Glücklichen schlägt keine Stunde" von Schiller und Goethes "Der Liebe Sehnsucht fordert Gegenwart".
Also, wenn ich das, was ich mache, mit Hingabe und Liebe tue, verweile ich im Hier und Jetzt. Wenn ich nicht ungeduldig auf's Ziel starre, das in der Zukunft liegt, kommt mir die Gegenwart nicht als unliebsames Hindernis vor. "Denn je weniger es gelingt, der gegenwärtigen Welt mit Liebe gegenüberzutreten, desto größer ist die Hoffnung, dass es umgekehrt die Welt ist, die einem selbst Liebe schenken wird."
Held weiter: "Sobald man .... nicht mehr auf äußere Erfüllung wartet, sondern umgekehrt, damit beginnt, der Welt Zuwendung zu schenken, ist es nicht mehr die Zukunft, die Großartiges verspricht, sondern es ist die Gegenwart, das Hier und Jetzt, wo alles geschieht."
Alles zusammen nicht ganz neu. Wenn ich Held und auch andere Autoren (ganz vorne u. a. Laotse) richtig verstanden habe, kann man daraus 3 wesentliche Tipps ableiten:
1) Konzentriere dich auf das aktuelle Vorhaben, indem du ausschließlich dieses in Angriff nimmst, die Ablenkungen so gut wie möglich beseitigst (unerledigte Stapel zur Seite räumst und ihnen ein anderes Zeitbudget reservierst, Handy/Telefon mal abstellst, kein akustisches Signal für neu angekommene Emails im iPhone schaltest, etc.) Dazu gehört auch zu erkennen, dass dieses doch recht lange Menschenleben nicht reicht, um alle kreativen Angebote und Möglichkeiten dieser Welt auszuschöpfen. Das ist wohl eine der schmerzhaftesten Sachverhalte.
2) Begrüße Veränderungen und die Herausforderungen, die sie mit sich bringen. Die ungeplanten Wäschestapel und dieser Zustand des "gegrounded-seins", also nicht alles, was man "draußen" noch vorhatte, erledigen zu können, verhalf mir dazu, diesen ellenlangen Artikel zu schreiben ;-)
3) Liebe das Hier & Jetzt und tritt mit Liebe dieser gegenwärtigen Welt und ihren Zeitgenossen entgegen. Freilich ein Unterfangen, das mir leichter fallen würde, wenn ich Personal für die Wäsche hätte ;-)
Nee, aber im Ernst, mein Herz macht immer einen kleinen Hüpfer, wenn ich vom "ich will aber, dass....."- zum "lass los"-Modus komme. Denn dann erkenne ich dank dieses mittlerweile 1,70 m großen Arbeitsverursachers, der durch seine Art und seine Handicaps meine größten Veränderungen zum Positiven ausgelöst hat, was Liebe ist.
Noch kürzer mit Samuel Sagan: "Je weniger du willst, desto mehr bekommst du."